Impfung

Impfen oder nicht Impfen…

… das ist hier die Frage! Es ist November und so langsam beginnt hierzulande die Grippesaison. Passend dazu hat bei mir im Oktober die Vorlesung Virologie begonnen und ich habe schon einiges interessantes gelernt. Da Virologie uns alle mehr oder weniger betrifft habe ich beschlossen, etwas von dem, was Professor Ritter (Leiter der Virologie der Uniklinik Aachen) so unterhaltsam präsentiert, weiterzugeben. Die Angaben sind natürlich nicht mit 100%iger Gewähr und ich bin kein Mediziner, sondern Biologe, aber ich dachte es könnte euch trotzdem interessieren. Ich bin jedenfalls Feuer und Flamme für das Thema!

Die erste Krankheit, um die es gehen soll, ist die Influenza (Grippe). Es handelt sich um eine Viruserkrankung, die ihren Ursprung im oberen Atmungstrakt, also im Rachenraum nimmt. Man kann sich über die Luft (wenn z.B. jemand niesen musste) oder über Oberflächenkontakt infizieren. Über Oberflächenkontakt ist wohl die weit häufigere Variante. Erkennen kann man die Grippe anhand ihrer Symptome relativ leicht von einem grippalen Infekt (“Husten, Schnupfen, Heiserkeit”) unterscheiden. Die Grippe beginnt nicht schleichend mit Halsschmerzen oder Schnupfen, sondern sehr plötzlich. Bei Erwachsenen sollen die typischen Symptome plötzlich auftretendes hohes Fieber (> 39°C) und starke Kopfschmerzen sein. Dazu treten üblicherweise trockener Husten, Atemnot und ein Fröstelgefühl auf. Halsschmerzen, “laufende” Nase, Niesen, Abgeschlagenheit und Muskelschmerzen können, müssen aber nicht auftreten. Bei Kindern tritt das hohe Fieber häufig zusammen mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auf.

Gegen Grippe kann man sich bekanntermaßen Impfen lassen. Schon im Sommer hängen die Impfplakate in den Arztpraxen und raten dazu, sich impfen zu lassen. Doch für wen macht eine Impfung überhaupt Sinn? Besonders gefährlich wird eine Grippe dann, wenn die Erkrankung das Immunsystem so überfordert, dass zu der Virusinfektion Bakterieninfektionen kommen können. Dann kann sich zum Beispiel zusätzlich zu den Grippesymptomen eine Lungenenzündung durch eine Pneumokokkeninfektion einstellen. Besonders Menschen über 65 Jahre, Kinder und Kranke (mit Diabetes, Autoimmunkrankheiten usw.) sollten sich deshalb durch eine Impfung versuchen zu schützen. Kindern kann man eine Impfung mit lebenden Viren geben, da ist der Impfschutz länger gegeben. Alten Patienten wird zu einem Impfstoff mit Adjuvantien geraten. Die Adjuvantien ermöglichen es, dass der Körper auf den Impfstoff mit ausreichender Antikörperbildung reagieren kann, was bei Älteren sonst oft nicht gegeben ist. Junge Menschen dürfen hingegen keinen Impfstoff mit Adjuvantien erhalten, da diese bei ihnen Autoimmunkrankheiten auslösen können.

Aber wieso soll man sich, falls man zu keiner der Risikogruppen gehört, jedes Jahr impfen lassen? Gegen manche Viren hält der Impfschutz ja viel länger. Nur entstehen von der Grippe immer neue Subtypen, gegen die der vorherige Impfstoff möglicherweise nicht schützen kann. Ein Subtyp ist zum Beispiel die “Vogelgrippe” (H5N1), ein anderer die “Schweinegrippe” (H1N1). In den Klammern seht ihr die Antigenformel. Das N ist in beiden fällen gleich, das H unterscheidet sich aber. Ein neues H ist gefährlich, denn unsere Antikörper erkennen die Viren anhand des Hs. Kennen unsere Immunzellen das H nicht, können sie uns nicht schützen. Doch wie kommt es zu dem neuen H? Das Reservoir für Grippeviren sind Wasservögel. Sie sind ständig infiziert, werden aber selbst nicht krank. Sie infizieren aber Hausgeflügel und Schweine (daher auch der Name der bekannten Grippesubtypen), die an der Krankheit dann auch sterben können. Außerdem können sie den Virus auf den Menschen übertragen. Das besondere sind nun die Schweine. Sie können doppelt infiziert werden. In ihnen können also verschiedene Typen der Viren wie in einer “Mischmaschine” neu zusammengewürfelt werden und Viren mit neuem H können entstehen. Da gegen dieses Virus noch niemand immun ist, kommt es zwangsläufig zu einer Pandemie. In dem Fall eines neuen Virus’ sind jedoch auch die Geimpften nicht geschützt, da die Impfstoffe immer nur auf Grundlage der Viren des vorangegangenen Jahres hergestellt werden können. Fazit: Als Mensch, der zu keiner Risikogruppe gehört, ist es in der Regel nicht nötig, nach einer Grundimmunisierung (drei Grippeschutzimpfungen in drei aufeinander folgenden Jahren) jedes Jahr weiterhin eine Impfung zu erhalten. Es reicht bei bestehendem Impfschutz aus, sich impfen zu lassen, wenn ein neuer Subtyp auftritt (so man denn in dem Fall eine Impfdosis abbekommt).

Wie kann es sein, dass es bei dem Neuauftreten eines Subtyps (z.B. der Vogelgrippe) nach der Entwicklung eines Impfstoffs, nicht genug Impfstoff für alle da ist? Das liegt daran, dass ein sehr spezielles Verfahren zur Gewinnung des Impfstoffs nötig ist. Man benötigt zur Vermehrung der Viren, die dann geerntet und gereinigt werden, sterile embryonierte Hühnereier. Nur extra dafür gehaltene Hühner legen sterile Eier. Zur Zeit gibt es auf der Welt im Jahr 200 000 000 dieser sterilen Eier. Pro Ei erhält man eine Impfdose. Es können also nicht mehr als 200 000 000 Menschen pro Jahr, mit auf diesem Wege gewonnenen Impfstoff, geimpft werden. Man kann den Impfstoff auch aus Zellkulturen gewinnen, jedoch ist diese Art der Produktion in Verruf geraten, da es sich bei Zellkulturen um entartete, sich ständig teilende Zellen handelt. In der Presse hieß es dann “Krebszellen zur Impfstoffgewinnung!” und die Nachfrage für den so gewonnenen Impfstoff ging stark zurück, dabei enthält die fertige Impfdose nur gereinigte Bestandteile des Virus, aber keine Zellbestandteile.

Was kann man tun, wenn man nicht geimpft ist und die ersten Anzeichen einer Grippe bei sich bemerkt? Da es sich um eine Virusinfektion handelt, helfen Antibiotika nicht. Die können nur Bakterieninfektionen bekämpfen. Das einzige was bisher helfen kann, sind sogenannte Neuraminidase-Hemmer. Die sind allerdings nur zur Frühbehandlung geeignet, also wenn man sehr früh die Erkrankung anhand der Symptome erkennt. Laut Professor Ritter ist deren Verschreibung aber nicht unbedingt üblich. Man sollte seinen Allgemeinmediziner darauf ansprechen und nach dem Wirkstoff Zanamivir oder dem Medikament Relenza (enthält Zanamivir) fragen. Relenza wird mithilfe eines Inhalators eingeatmet und verhindert so die weitere Ausbreitung der Viren im Körper an ihrem Ursprungsort (Rachenraum). Das ist auch einer der Gründe, warum eine Behandlung mit diesem Medikament nur zu Beginn der Infektion helfen kann.

So, genug über Krankheiten erzählt, ich wünsche euch einen gesunden Start ins Wochenende und hoffe, dass ihr das vielleicht interessant fandet!